Im Herbst 2011 las ich davon: Ein Geländerittführer-Seminar bei uns in Sachsen-Anhalt.

Das erste seiner Art. Ich dachte mir: da muss ich dabei sein! Ich wollte in erster Linie mehr Wissen über das Reiten im Gelände bekommen, eine Fortbildung für mich machen. Super Gelegenheit! Die Ausbildung besteht aus einem einwöchigen Theorie-Seminar und verschiedenen praktischen Prüfungen. Die Anmeldung war fix abgeschickt, liebe Freunde gefunden, die auch mitmachten. Und einen neuen Sattel bestell ich mir jetzt auch. Da liebäugle ich schon lange damit. Ich rief meinen Sattler an: 4 Monate Wartezeit – gut, dass ich so früh dran bin. Und dann am 3. Januar der Unfall meiner Stute. Gegen drei Uhr Nachmittags lag sie auf der Koppel und wollte nicht aufstehen. Der Tierarzt kam und stellte eine Sehnenscheidenentzündung fest. Ganz viel Ruhe und Zeit wird das brauchen. Wir bauten den Offenstall um, trennten sie von der anderen Stute, sodass sie raus kann und ebenen Boden hat, wenig läuft und sich trotzdem vorsichtig bewegt. Und wir entschieden uns für die Eigenbluttherapie IRAP, tüftelten mit verschiedensten Therapien weiter, erst Kälte, dann Wärme, Entzündungshemmer, dazu Homöopathie, APM, andere energetische Arbeit, Magnetfeldgamaschen usw. Die Tierklinik machte uns wenig Hoffnung, dass eine OP helfen kann. Nach zig Therapieversuchen und sieben anstrengenden Monaten kann das Tier nun wieder schmerzfrei auf die Koppel, aber nie wieder auf einen Wanderritt mitgehen. Mein geliebtes Pferdchen ist mit 15 Jahren nun Frührentnerin.
Was tun? Alles absagen? Inzwischen hatte ich den 40-stündigen Theorie-Lehrgang gemacht, tolle Leute kennengelernt und wollte nun gern gemeinsam mit ihnen auch die Prüfung machen. Da kam der Anruf. Ein lieber Freund bot mir seinen Quarterwallach an. Ein prächtiger Bursche. Muskulös, sportlich, wendig und unglaublich schnell, auch in seiner Reaktion. Wie sich im Gelände herausstellte, zu schnell für mich. Ich merkte nach drei Wochen Training, dass wir einfach nicht zueinander passten (ich muss wohl zugeben, dass ich ihm nicht gewachsen war....) und dass ich mit ihm keine Geländegruppe führen kann, weil ich viel zu sehr mit ihm beschäftigt bin. Etwas peinlich war mir das schon, aber es nützt nix. Der Prachtkerl wurde die 300 km wieder nach Hause gebracht. (An dieser Stelle einen herzlichen Dank an meinen Lebensgefährten!).
Zwischenzeitlich platzt mein geplanter Sichtungsritt, eine der vielen Voraussetzungen für die Prüfung, wg. mangelnder Teilnehmerzahl. Wieder ein Rückschlag. Aber ich halte durch. Die Ausbilderin sagt, ich könnte den Sichtungsritt auch auf dem Wanderritt nachholen. Ausnahmsweise.
Eine liebe Freundin bietet mir ihr Warmblutstütchen an. Das Tierchen ist schlappe 1,75m groß und, offen gestanden, komm ich ohne Aufstieghilfe kaum rauf (soll man ja sowieso benutzen...). Aber das Pferd ist gutmütig und fleißig. Ich nehme Reitstunden mit ihr um mich an die andere Hilfengebung zu gewöhnen. Ich übe zum ersten Mal im Leben mit einem Pferd zu springen und bin ganz glücklich, dass es so gut läuft. Ich überlege, dass der bestellte Wanderreit-Sattel ja auch auf dieses Stütchen passen könnte und bitte den Sattler zu kommen. Alles scheint zu klappen. An einem Montagabend kommt er vorbei und hat, kaum zu glauben, den falschen Sattel dabei. Meinen Dressur-Spirit hat er leider schon verkauft, nur den normalen Spirit im Gepäck. Unglaublich, denke ich, das Pech verfolgt mich! Nun muss ich den Ritt also mit einem Vielseitigkeitssattel bewältigen. Ich hoffe sehr, dass das klappt. Ich werde bequeme Wanderschuhe tragen, sodass ich selbst viel laufen kann und den Pferderücken entlaste. Vielleicht wird es mit guter Woilach und zusätzlicher Schafwollunterlage und abwechslungsreichem Reiten und Sitzen gehen.
Dann die Email. Das Pferd hat sich am Wochenende auf dem Distanzritt verkühlt und lahmt. Erneute Ungewissheit, ob ich mitreiten kann.
Meine Utensilien sind gepackt, die Teilnahmegebühren sind bezahlt, die Karten besorgt und Strecken eingezeichnet. Ein Zelt gekauft, Taschen für die Weidezaun-Stäbe genäht, die Ausrüstung zusammengestellt und organisiert, Satteltaschen angeschafft.
Und das Glück ist auf meiner Seite. Der Tierarzt gibt die Stute für den Ritt frei. Wir gehen 4 anstrengende Tage bei überraschender Hitze täglich zwischen 35 und 40 km und absolvieren fast jeden Tag eine andere Teilprüfung. Wir schaffen die Prüfung gemeinsam und ich darf mich fortan Geländerittführerin nennen. Die Freude ist unbeschreiblich groß! Und der Respekt vor der damit verbundenen Aufgabe ebenso. Das ganze war kein Pappenstiel, aber wo es nun durchgestanden und geschafft ist, bin ich auch froh. Mir war zwischendrin fast der Humor verloren gegangen.
In jedem Fall hab ich superviel gelernt. Ob ich jemals wirklich eine Gruppe führen möchte, weiß ich noch nicht. Aber ich weiß nun, wie es geht. Und das bedeutet mir viel! Und zum Glück haben wir ja noch unseren zweijährigen Nachwuchs von meiner Stute. Ich freu mich schon, wenn ich in ein paar Jahren mit ihm Wanderritte gehen kann!
 

Fotos: Marion Tuschwitz

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