Das wünscht man keinem Reiter: mein Pferd, ansonsten recht geländesicher, aber auch temperamentvoll, erschreckte sich und legte eine 180 Grad Wendung mit einer Stilnote von 10,0 hin.

 Ich trennte mich spontan nach rechts von Sattel und Pferd und fiel – der Schwerkraft gehorchend – mit einer Stilnote von schätzungsweise 2,3 auf den zum Glück weichen Waldboden. Außer dem Schreck trug ich keine Blessuren davon, auch das Pferd nicht – selbiges beschloss jedoch, zügig und ohne meine Begleitung den Heimweg anzutreten.

Eine Situation, die leider schnell eintreten kann. Trotz aller Ausbildung und Domestikation sind unsere Pferde eben immer noch instinktgesteuerte Fluchttiere. Und selbst der erfahrenste Reiter kann von heftigen Reaktionen aus dem Sattel katapultiert werden. Klar, eigentlich soll man nicht allein ins Gelände reiten. Aber manchmal ist eben dies aus verschiedenen Gründen dann doch notwendig.

Dieser Vorfall ging glimpflich aus. Das heransausende Pferd konnte von einer fachkundigen Person eingesammelt werden, die ich telefonisch informiert hatte. Aber später machte ich mir Gedanken: was wäre passiert, wenn ich bei dem Sturz bewusstlos geworden wäre? Trotz ergriffener Sicherheitsmaßnahmen – Reithelm, Schutzweste – kann das passieren. Dann wäre das Pferd irgendwann aufgegriffen worden, aber man hätte nicht gewusst, wo man mich finden könnte. Selbst die Vorankündigung zuhause („ich reite die kleine Wäldchenrunde!“) nützt unter Umständen wenig, denn es geht wertvolle Zeit für die Suche des Reiters verloren. Oder was wäre gewesen, wenn ich zwar bei Bewusstsein bin, aber so verletzt, dass ich das Smartphone nicht bedienen kann?

IMG 20180121 140152447An dieser Stelle kann „Guardian Horse“ Abhilfe bieten. Dieses System besteht aus einem Tracker, der mittels Bluetooth mit dem Smartphone und einer eigens entwickelten App verbunden ist. Wird die Verbindung zwischen dem am Pferd befestigten Chip und der App unterbrochen, geht das System von einem Sturz mit davon laufendem Pferd aus und startet automatisch einen Alarm-Countdown. Dieser Countdown läuft über 60 Sekunden und kann vom gestürzten Reiter unterbrochen werden. Wird er nicht unterbrochen, werden bis zu drei in der App hinterlegte Notfall-Kontakte per SMS informiert. Diese Notfall-SMS enthält einen Link mit einer Wegbeschreibung zur letzten ermittelten GPS-Position und somit zum vermutlichen Unfallort.

Der Tracker für das Guardian Horse System kann online erworben werden und kostet 49,90 € inkl. Mehrwertsteuer. Die Lieferfrist beträgt nur 1 bis 3 Werktage. Für Farbliebhaber gibt es den Tracker in sechs verschiedenen Farben (weiß, schwarz, orange, blau, grün und violett). Bei einer Größe von 3,5 cm x 3,5 cm und einer Höhe von 0,5 cm wiegt der Tracker nur wenige Gramm (schätzungsweise 5 bis 10 Gramm, die Waage konnte das nicht genau anzeigen). Geliefert wird der Tracker in einer schützenden Verpackung ohne viel Schnickschnack, einem kleinen Befestigungsbändchen und einer Ersatzbatterie. Zusätzlich ist ein kleiner Plastikchip am Bändchen befestigt, der das Öffnen des Trackers erleichtert, falls die Batterie gewechselt werden muss.

Die notwendige App kann im Google Play Store kostenlos heruntergeladen werden. Bisher gibt es die App nur für Android-Smartphones, eine Version für I-Phones befindet sich lt. Hersteller in der Entwicklung. Der Download der App funktioniert gut und schnell, die Funktionen der App erklären sich von selbst. Wer trotzdem lieber eine Anleitung haben möchte, findet diese in einem ausführlichen Benutzerhandbuch, das auf der Website des Herstellers zu finden ist.

Die App hat einen sehr geringen Akkuverbrauch und sendet zuverlässig auch bei schwacher Netzverbindung. Beim ersten Öffnen der App wird nach Berechtigungen zum Zugriff auf Kontakte, SMS und Standortbestimmung gefragt. Um die App nutzen zu können, müssen diese Berechtigungen erteilt werden. Der Hersteller versichert, dass diese Daten ausschließlich auf dem Gerät verbleiben und nicht an Dritte weiter gegeben werden.

Bis zu drei Notfallkontakte können in der App hinterlegt werden. Sinnvoll ist es, diese Kontakte über ihre Aufgabe zu informieren und einen Testalarm durchzuführen. Der Empfänger der Notfallmeldung muss übrigens nicht die App auf seinem Smartphone installiert haben; er erhält die Meldung über SMS. In der SMS wird der Unfallort mittels Google Maps dargestellt und ein kurzer Text eingeblendet: „Guardian Horse: Ich brauche Hilfe! Letzte bekannte Position: xyz“. Die Kontakte können jederzeit durch wenige Klicks geändert werden.

Die erstmalige Verbindung zwischen Tracker und Smartphone funktioniert reibungslos (daran denken, die Bluetooth-Verbindung am Smartphone zuzulassen). Auch künftige Verbindungen funktionieren sehr gut, beide Geräte erkennen sich auf Anhieb wieder.

Das System kann nur funktionieren, wenn der Tracker an der Ausrüstung des Pferdes befestigt wird, z.B. am Kopfstück oder am Sattel. Ich habe den Tracker, um ihn vor Verlust und Kratzern zu schützen, in einer kleinen Satteltasche, die ich permanent am Sattel habe. Das Smartphone muss zwingend am Reiter mitgeführt werden, z.B. in der Jackentasche.

Zu Beginn eines Ausrittes werden Tracker und Smartphone verbunden (Bluetooth an) und in der App der Button „Starte Ausritt“ gedrückt. Damit ist das System aktiviert. Ohne einen aktiv gestarteten Ausritt kann auch kein Notfallalarm gesendet werden. Nach der Heimkehr in den Stall muss der Ausritt aktiv  gestoppt werden, damit die Überwachung beendet wird. Hierzu wird einfach der Button „Stoppe Ausritt“ betätigt. Wird das Stoppen des Ausritts vergessen, merkt man es spätestens beim Verlassen des Stalles (oder beim Betreten des Gasthauses): Das Smartphone macht mit einem 60sekündigen „Voralarm“ auf sich aufmerksam. Es vibriert und der eingestellte System-Alarmton wird abgespielt. Dieser Voralarm kann in der App deaktiviert werden. Kann man das Smartphone nicht schnell genug aus der Tasche fingern, wird eine Notfall-SMS mit der letzten ermittelten GPS-Position verschickt.Mit dieser Situation hat man dann quasi einen automatischen Notruf gestartet, wie er in einer reellen Unfallsituation ebenfalls gestartet werden würde. Ist die Notfallmeldung aus Versehen verschickt worden, kann man seinem Kontakt mittels einfachem Klick eine Entwarnung hinterher schicken. Der Text lautet dann: „Guardian Horse: Fehlalarm. Es geht mir gut.“.

Die Bluetooth-Verbindung zwischen Tracker und Smartphone wird lt. Hersteller bei einer Entfernung von 20 bis 100 Metern getrennt. Im Feldversuch (simulierter Unfall) wurde der Alarm bereits nach 20 Metern ausgelöst, als sich das Smartphone in der Jackentasche befand. Wird das Smartphone in der Hand gehalten – was nicht unbedingt reellen Gegebenheiten entsprechen dürfte – wurde der Alarm nach 40 Metern ausgelöst.

Entfernt sich das Pferd vom gestürzten Reiter, wird sehr sicher der Alarm ausgelöst. In Situationen, bei denen das Pferd in direkter Nähe des verunfallten Reiters bleibt, kommt es also nicht bzw. nicht sofort zu einer Alarmauslösung. Inwiefern das Notrufsystem immer noch funktioniert, wenn das Smartphone durch den Unfall schwer beschädigt wurde, mochte ich aus verständlichen Gründen nicht testen.

Fazit:

Tolle Idee! Das System tut, was es soll, und ist dabei absolut einfach zu bedienen. Perfekt für Reiter, die sich nicht umständlich mit der Technik befassen wollen. Der Preis ist fair – Sicherheit sollte einem auch etwas wert sein. Ein Befestigungsclip oder kleiner Haken am Tracker wäre sinnvoll. Nur mit dem Befestigungsbändchen ist das Anbringen am Kopfstück oder Sattel etwas fummelig. Perfekt wäre noch eine Möglichkeit, wenn der am Pferd befestigte Tracker den Standort des Pferdes übermitteln würde. Mit diesem System hat man aber keine eierlegende Wollmilchsau gekauft, sondern genau die Sicherheit, die es braucht, wenn Pferd und Reiter sich ungeplant voneinander trennen. Bleibt die Frage, was passiert, wenn das Pferd sich nicht vom verunfallten Reiter entfernt, sondern lediglich bis zum nächsten Grashalm in 10 Metern Entfernung schlendert. Dann ist nur zu hoffen, dass der Reiter in der Lage ist, den Notfallalarm manuell auszulösen.

Bezug: Ralf Stüber & Dennis Westermann GbR, Rheinstr. 18, 76776 Neuburg  GuardianHorseTrackerAndApp uai 720x1018

 

 

 

 

 

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