Warum zeigt der Wolf uns seine Zähne? Böser Wolf? Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland spaltet die Gesellschaft: Befürworter und Gegner stehen sich unversehens unversöhnlich gegenüber. Ein Kommentar von Josef Schrallhammer, VFD-Naturschutzbeauftragter in Bayern.

Emotionen kochen hoch, verhindern sachliche Debatten: Begeisterung, Misstrauen, Ablehnung und Ängste polarisieren. Postfaktisch: „Es wird der Mensch auch dem Menschen zum Wolf.“ 

Worum geht es? 

Es geht um existenzielle Fragen, für die es keine einfachen Antworten gibt. 
Es geht um Fragen zum Verhältnis Mensch und Natur.
Es geht um die Frage, wie sehr wir in die Natur eingreifen dürfen, um auch uns selbst nicht zu schaden. 
Es geht um die Frage, wie wir als Gesellschaft Natur empfinden und wahrnehmen - aber auch jeder für sich. 
Es geht um die Frage nach der Bedeutung von Natur – innen wie außen.
Es geht um Fragen nach unserem Sinnen, Bewusstsein und auch nach Wildnis. 

Widerspricht Naturschutz pro Wolf dem Tierschutz? 

Können wir uns Wölfe in unserem dicht besiedelten Land „leisten“? 
Gibt es in der Natur „gut“ und „böse“ und wer darf darüber entscheiden? 
Verursachen Wölfe Schäden oder werden nur Grenzen der Natur deutlich, die wir überschreiten? 
In welchem Verhältnis steht heimische Natur zum Ökosystem Erde? 
In welcher Dimension tragen wir ökologisch und ethisch Verantwortung? 
Wie ist unser Verhältnis zur Natur und zu Tieren und zu Geschichten, die daraus entstehen? 
Welche Bedeutung haben Hirten noch in abendländischem Denken? 

Wald nicht gleich WaldWald ist nicht gleich Wald

Die Vereinigung der Freizeitreiter und –fahrer in Deutschland e. V. (VFD) kann einen wertvollen Beitrag zu einer Versachlichung von Diskussionen, zur Erarbeitung von Lösungen und zur Beantwortung solcher komplexer Fragen leisten, wenn sie in ihren Reihen zur Geschlossenheit findet: Es geht um mehr als nur um Positionierungen wie pro oder kontra „Wölfe in Deutschland“. 

Wie keine andere Interessensvertretung in Deutschland setzt sich die VFD seit ihrer Gründung vor bald 50 Jahren gemeinnützig für art- und tiergerechte Haltungsbedingungen, partnerschaftlichen Umgang mit Tieren, Vielfalt in der Ausbildung und Beschäftigung mit Pferden und ihren Artverwandten, Möglichkeiten der Naturerholung und des Naturerlebens sowie für Naturschutz ein. 

Der Einsatz der VFD für Vielfalt basiert auf Toleranz, gegenseitigem Respekt und der Wertschätzung des Lebens in allen Erscheinungsformen. 

Im Gegensatz zu anderen Organisationen ist die VFD unabhängig und frei von einseitigen wirtschaftlichen Gewinnabsichten, Wettbewerbsinteressen und Verstrickungen: Hinsichtlich Kooperationen ist deshalb nicht nur die Übereinstimmung im Einzelnen, sondern im Gesamten von besonderer Bedeutung. 

Die VFD sollte sich – ihren Gründungsgedanken entsprechend – nicht für andere Interessen vereinnahmen zu lassen, die in die falsche Richtung führen, langfristig für sie zum Nachteil werden und polarisieren. 

Die VFD repräsentiert Halter von Equiden, die sich ihrer Verantwortung bezüglich des Wohlergehens der ihnen anvertrauten Tiere sowie des Erhalts vielfältiger Natur ohne Grenzen bewusst sind und darin keinen Widerspruch, sondern Chancen für die Zukunft erkennen. 

Albert Schweizer Tiere fühlenFoto: Albert Schweizer - wie Tiere fühlen

Aus diesem Grunde ist aktiver Weideschutz dem Erschießen von Wölfen, pervertiert: „Entnahme“, vorzuziehen. 

Nachhaltige Landwirtschaft und Weidehaltung integriert sich in die Vielfalt der Natur und fördert diese. Diese Vorstellung bleibt jedoch Illusion und aus der Vergangenheit lernen wir nicht, wenn Natur uns nicht auch die Zähne zeigt. 

Unzählige Arten heimischer Pflanzen und Tiere beseitigen wir und sprechen von Verlust.  

Ursachen und Folgen von Klimakatastrophen, Überschwemmungen, Luftverschmutzung und Mikroplastik in den Meeren bleiben ungeklärt oder werden verdrängt - wie das Sterben und der Tod aus dem Leben. 

 
Eine Gesellschaft aber, die Fortschritt durch Entfernen von Natur, Sterben und Tod aus dem Leben definiert, thematisiert nur noch Störungen ihrer unbemerkt sich vollziehenden Agonie und erkennt dabei nicht, worüber sie tatsächlich klagt.

Pferde stärken - Mut zur VFD

Weitere Beiträge von Josef Schrallhammer:

Umweltbildung als zentrales Thema der VFD
Wölfe in Europa

Werbung