Grundsätzlich ist das Ziel einer pferdeschonenden Fahrweise eine sanfte, permanente Verbindung zwischen der Fahrerhand und dem Pferdemaul. Ein ausgebildetes Pferd arbeitet so durchlässig und sicher. Anlehnung ist „die stetige, weich federnde Verbindung zwischen Fahrerhand und Pferdemaul“ – so lautet die Definition der großen Pferdeleute.
Die Anlehnung wird vom Pferd gesucht und vom Fahrer gestattet....“   „Die Anlehnung gibt dem Pferd die nötige Sicherheit, sich ... auszubalancieren.
Gemeint ist immer eine vertrauensvolle und leichte Verbindung von der Fahrerhand über die Leinen zum Gebiß. Nicht gemeint ist, das Pferd „festzuhalten“, wie es ein stetiges Annehmen, Zurückhalten oder Festhalten tut und ihm damit Schmerzen im Maul, in den Laden und auf der Zunge zuzufügen. Die Folge wäre, daß das Pferd die Leinen nicht akzeptiert, sich nicht stellen und biegen läßt und im Genick nicht weich nachgibt. Es läßt sich also nicht „lösen“, deshalb nicht zuverlässig lenken und oft nur schlecht anhalten. Nicht gemeint ist auch, daß eine „ruhige“ Hand steif vor dem Körper getragen wird, sondern sie macht weich und geschmeidig die Bewegungen des Pferdekopfes und Halses mit. Eine ruhige Hand ist also zunächst eine Hand, die das Pferd nicht ungewollt stört. Das Ziel einer praktischen Fahrausbildung ist es deshalb, daß der Fahrer sich soweit vervollkommnet, daß er mit seiner Hand dem Pferd weich und fließend verständliche Signale vermittelt und das Pferd der Fahrerhand vertraut. Dabei kommt der Stimme des Fahrers eine große Bedeutung zu, weil viele Signale sich dem Pferd bereits mit der Stimme, also ganz ohne oder nur bei sehr reduzierten Leinenhilfen, mitteilen lassen. Jedes Fahrpferd soll ohne Verspannung von der Hinterhand an das Gebiß herantreten. Es soll sich vorwärts- abwärts strecken, damit es sich loslassen und den Rücken hergeben kann. Dazu braucht der Fahrer diese weiche, ständige Anlehnung einer völlig unabhängigen Hand - die bestmöglich niemals stört – eigentlich nur für wenige Schritte. Vom Fahrer erfordert das eine hohe Konzentration und ein außerordentlich feines Gespür. Das wiederum setzt voraus, daß der Fahrer eines Gespannes alle Leinengriffe flüssig (und quasi im Unterbewußtsein) beherrscht, um auch mehrere Griff-Folgen möglichst synchron vornehmen zu können. Bei vielen Fahrern sieht man stramme Leinen mit einer immerwährenden, oft ruckartigen, mehr oder weniger harten Verbindung zum Pferdemaul und Pferde, die gelernt haben dieses Gewicht und diese Störungen im Maul zu ertragen. Das Pferd fühlt und begreift sehr schnell, daß eine ruckartige oder hart einwirkende Hand schmerzt. Das führt zu Verspannungen bei Pferd .... und Fahrer. Die weitere Folge dieser schlechten Einwirkung ist, daß das Pferd sich steif macht und die Hand ignoriert. Es ist "tot im Maul". Damit ist das genaue Gegenteil dessen erreicht, was harmonisch und pferdegerecht ist und es wird dadurch mehr Gewicht auf die Vorhand gebracht.
Und irgendwann ist dann auch die schärfste Doppelringtrense oder Fahrkandare nicht mehr scharf genug. Wenn man also hört, daß ein Pferd eine stetige (und feste) Leinenanlehnung braucht um sicher zu gehen und nicht zu stolpern oder um nicht zu schnell zu werden, so erreicht man damit genau das Gegenteil. Nur eine nachgebende Hand, eine leichte Anlehnung mit viel Gefühl, läßt es zu, daß sich ein Pferd gut ausbalanciert und freudig vorwärts geht. Damit erhalten wir ein Pferd, das die Leinen akzeptiert und ihren Signalen gerne und motiviert folgt. Man bedenke dabei, daß bereits das Eigengewicht der Leinen zwischen dem Pferdemaul und der Fahrerhand beachtlich ist. Darüber hinaus ist der Weg von der Fahrerhand zum Pferdemaul weit (viel weiter als beim Reiten). Man braucht deshalb nur halbe und ganze Millimeter (!) um ein Pferd aufmerksam zu machen und ihm Signale zu geben. Es ist deshalb so sehr wichtig, dem (sanften) Annehmen der Leinen sofort ein Nachgeben folgen zu lassen. Dadurch lernt das Pferd im Moment des Nachgebens und nicht beim Annehmen, weil das Nachgeben das „beglückende“ Gefühl für das Pferd ist Wer mit seinem Gespann lange und längere Zeit im Gelände unterwegs ist, für den ist eine ständige Anlehnung anstrengend. Die Muskulatur ermüdet. Ebenso wird aber der ständige Kontakt auch für das Pferdemaul und, auf diesem Umweg, auch für den Pferderücken anstrengend und schmerzhaft. Zu einem guten Fahrer gehört also eine gefühlvolle Hand. Sie sollte fähig sein, über kurze Passagen eine gleichmäßige Verbindung zum Pferdemaul herzustellen und sorgsam mit der Empfindlichkeit dieses Pferdemaul umzugehen. Merke: Beim Fahren soll viel mehr nach vorne (nachgeben) als nach hinten (annehmen) gearbeitet werden und mehr als das, was nach hinten gearbeitet wird, muß auch wieder nach vorne nachgegeben werden. Dr. Eberhard Müller (Rosenfeld) modifiziert nach Horst Brindel (Nürnberg)   21. Februar 2010

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