In den ersten drei Monaten von 2016 gab es auf der Eifeler Geisbach-Ranch von VFD-Mitglied Piet Rott (s. http://piets-adventure-trail.de ) und seiner Lebensgefährtin Sarah Wieser gleich drei Ranch-Roping-Kurse, davon zwei mit Rindern.rossfoto pat rr bl 010316 0907 11

Dieser „Boom“ geht darauf zurück, dass Piet im Herbst 2015 die Europa-Meisterschaft in dieser wenig bekannten Pferdesport-Disziplin ausrichtete.

In den U.S.A., dem Herkunftsland, unterscheidet man in Rodeo-Roping und Ranch Roping. Ersteres ist wildes Reiten gegen die Uhr, ein Zweier-Team oder ein Einzelreiter versuchen, so schnell wie möglich ein Rind mit dem Lasso (dort „rope“ genannt) zu fangen und zu Fall zu bringen. Das Ranch Roping stammt dagegen aus dem wirklichen Leben, auf großen Flächen im Westen werden riesige Rinderherden extensiv gehalten. Die Tiere führen im Vergleich zur deutschen Milchkuh eine nahezu paradiesisches Leben, sind aber als Folge sehr scheu und im Zweifel beim Annäherungsversuch eines Menschen zu Fuß auch gefährlich. Vor allem Mutterkühe verstehen keinen Spaß, wenn sich ein Mensch (oder wer auch immer…) ihrem Nachwuchs nähert. Krank werden können solche Rinder auch, es ist Aufgabe berittener Hirten („Cowboys), ihren Gesundheitszustand zu kontrollieren und ggf. eine medizinische Behandlung durchzuführen. Dafür muss das Rind vom Pferd mit dem Lasso eingefangen und zum Liegen gebracht werden, alles andere wäre zu gefährlich. Im Gegensatz zum Rodeo Roping wird beim Ranch Roping immer mit Ruhe und Besonnenheit so schonend für Pferd und Rind wie nur möglich gearbeitet. Die gesamte Technik des Lasso-Werfens, der Handhabung des Seils und der Umgang mit den Rindern unterscheiden sich grundlegend. Es gibt eine große Anzahl verschiedener Würfe, z. T. sehr kunstvolle Techniken, die nur durch viele Monate des Übens zu erlernen sind.rossfoto Piet

Piet Rott arbeitet bei seinen Kursen mit Tim Jansen (s. http://ranch-roping-competition.de/) und Klaus Wetzel (http://www.vaqueroroping.de/ ) zusammen. Tim stellte auch den Kontakt zum Trainer beim letzten, dritten Kurs her. Dafür kam nämlich der kanadische Ranch-Roping-Trainer und Rancher Brian Delinte extra über den großen Teich geflogen. Und öffnete so manchem weniger erfahrenen Teilnehmer vor allem im Umgang mit den Rindern die Augen. Bei den zu fangenden Rindern handelte es sich um 15-18-monatige Limousin-Färsen, also „Kuh-Teenies“. Die benahmen sich wie 13-15-jährige Mädels auf Klassenfahrt. Um überhaupt einen Lasso-Wurf auf ein Rind abgeben zu können, musste zunächst eines aus der Herde separiert werden. Die dafür nötige taktische Vorgehensweise hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Mikado, man muss das sehr vorsichtig und „situativ“ angehen, alles mit viel Ruhe, aber bei Bedarf blitzschnell reagieren. Und man braucht natürlich ein wendiges, sehr rittiges, möglichst an Rindern erfahrenes Pferd, welches auch noch Spaß am „Kühe schubsen“ haben sollte. Es erfordert viel gründliches Training, bis man sein Pferd überhaupt so weit hat, von seinem Rücken das Lasso handhaben zu können.rossfoto Tim

Man vermeidet es, ein Rind weg von der Herde treiben, eher treibt man die Herde weg von einem einzelnen Tier. Das klappt besser, denn eine getriebene Herde reagiert viel gelassener als ein einzelnes Tier. Das Pferd des Ranch Ropers dreht dem zu separierenden Rind möglichst die eher gleichgültige Hinterhand zu und zumindest beim Treiben nie den Pferdekopf, die „aggressive“ Seite des Pferdes. Wer meint, ein nun endlich separat stehendes Rind wäre ein gutes Ziel für einen Lasso-Wurf, täuscht sich. Ein solcher Wurf geht oft daneben, weil sich das stehende Rind fast immer durch das anfliegende Lasso im letzten Moment in Bewegung setzt, nur weiß man vorher nie genau, wohin. Bewegt sich das separierte Rind aber zurück in Richtung Herde, behält es die einmal eingeschlagene Richtung fast immer bei und der Roper muss „nur noch“ beim Werfen die Geschwindigkeit des Rindes berücksichtigen. Soviel zum Thema „Mikado“….

Es ist naheliegend, das oft die typischen Westernpferde-Rassen beim Ranch Roping zum Einsatz kommen, aber wer schon Erfahrungen aus dem Westernreiten mitbringt, darf beim Ranch Roping gleich etwas Neues lernen, nämlich schnelle Vorhandwendungen. Während in allen anderen Disziplinen des Westernreitens ausschließlich Hinterhand-Wendungen gefragt sind, muss das gut ausgebildete Roping-Pferd mit Vorhand-Wendungen aus der Lasso-Schlinge treten können, wenn es da versehentlich mal hinein gerät.

Würfe auf lebende Tiere kommen erst ganz zum Schluss, zunächst wird auf Kälber aus Holz und Plastik geworfen. Solche „Roping-Dummys“ können aber durch Räder und evtl. einen eingebauten Elektro-Motor nebst Fernsteuerung sehr beweglich sein. Am lebenden Rind wird grundsätzlich mit der „Breakaway-Honda“ gearbeitet, das ist ein Wurfseil mit einer Öse („Honda“) aus Plastik, die bei kräftigem Zug aufschnappt und das „gefangene“ Tier wieder frei gibt. In Deutschland ist es aus Tierschutz-Gründen nicht zulässig, ein Rind mittels Lasso zu Sport-Zwecken zu Boden zu werfen. Auch die Veranstaltungen bei Piet Rott unterlagen der Kontrolle und den Vorgaben (Pausenzeiten für die Rinder!) des zuständigen Amtsveterinärs.

Praktischen Nutzen hat das Ranch Roping in Deutschland nur in seltenen Ausnahmefällen. Aber es stellt unerhört vielfältige Anforderungen sowohl an den Reiter als auch an das Pferd. Wettbewerbe finden nur selten statt, und sind für Zuschauer wenig spektakulär (außer man versteht wirklich viel vom Geschehen…). Wie eingangs erwähnt gibt es immerhin einmal im Jahr eine Europa-Meisterschaft, die in 2016 in Österreich stattfindet.

Die meisten Ranch Roper sind mit ähnlich viel Passion bei der Sache wie z.B. berittene Bogenschützen. Wie diese brauchen sie ständiges Üben, nicht nur mit dem Lasso, denn auch ein gutes Roping-Pferd muss viel können. Es ist erforderlich, in allen drei Gangarten mit höchster Präzision dressurmäßig reiten zu können, das Pferd muss auch bei gröberen Seil-Berührungen völlig gelassen und auch am Rind cool bleiben und trotzdem schnell reagieren. Es dauert evtl. ein paar Jahre, ein Pferd so weit auszubilden.

Für den Ranch Roper, der auch ohne Pferd die verschiedenen Würfe übt, welche später je nach Position des Reiters zum Rind erforderlich sind, hatte Brian Delinte einen guten Tipp: „Wenn Ihr das Lasso-Werfen ohne Euer Pferd übt, macht das auf einem großen Eimer stehend, das ist dann fast so wackelig wie auf dem Pferd, so gewöhnt Ihr Euch gar nicht erst daran, breitbeinig zu stehen….“

H.M. Pilartz

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