Ein Pferd kommt mir mit zwischen den Beinen baumelndem Strick auf der Hauptstraße entgegen galoppiert. Kein gutes Zeichen - ich finde eine junge Frau, die stark blutend unter der Anhängerklappe eingeklemmt ist und ihre Beine nicht mehr bewegen kann. Dann höre ich ein Stöhnen, der Hofbesitzer liegt - nicht ansprechbar - im freistehenden Anhänger zusammen gesunken. Ein Horror-Scenario!

So geschehen im April in Otersen – wenn auch „nur“ dargestellt durch Ausbilder und Teilnehmer bei einem Erste Hilfe Kurs der Outdoor First Aid Academy aus der Schweiz.

DSC 2055„Ein Verladeunfall, wie er uns hoffentlich nie selber passiert – aber doch leider immer wieder vorkommt „– berichtet Uwe Brolle, Geschäftsführer der Outdoor First Aid Academy. Der Reiter, der unter anderem als diplomierter Pflegefachfachmann mit Anästhesie- und Intensiverfahrung sowie als Lehrbeauftragter und Erlebnispädagoge tätig ist, weiß wovon er spricht. Er war in seiner Laufbahn auch in luft- und bodengebundenen Rettungsmitteln oft der Erste an einem Unfallort. Daher liegt ihm insbesondere die "Erste Hilfe bei Reitunfällen" am Herzen, spielen die Ersthelfer doch eine signifikante Rolle um im Ernstfall Leben zu retten.

Die OFA Academy ist bekannt für ihre sehr realistische Unfalldarstellung – für einige Teilnehmer waren die dargestellten Situationen fast „zu real“. Egal ob abgetrennte Finger, bewusstlose Personen, blutende Wunden - das Team um Uwe leistete an diesem Kurstag ganze Arbeit – wobei auch die Teilnehmer ihre schauspielerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen konnten und der Spaß nicht zu kurz kam.

DSC 2105DSC 2009In der Nachbesprechung war es bereits klar: Das war anders, als jeder erste Hilfe Kurs, den man je belegt hatte! Warum? Weil hier nichts statisch war, es gab keinen Beamer und keine Ausdrucke- man war wirklich draußen: im Stall, auf dem Reitplatz auf dem Hof – eben da wo die Unfälle passieren.

DSC 2109DSC 2114Oft waren die Situation, die dargestellt wurden komplex: Mehr als ein Verunfallter wurden vorgefunden, wobei der Verletzte dann auch noch von ansprechbar über nicht ansprechbar über Verdacht auf Herzinfarkt eine Kaskade von Aktionen bei den Helfern auslöste. Diese Situation gipfelte in einer (angedeuteten) Herzmassage und einem gestandenen Mann der von vier Frauen auf einer Rettungsfolie wegtragen wurde.

DSC 1992Uwe Brolle machte einige Punkte besonders deutlich:

  • „Klar ist, kaputt ist kaputt und Leben geht vor Lähmung.“ Das heißt als Ersthelfer muss ich im Notfall jemanden aus Matsch und Dreck ziehen, auch wenn ich die Vermutung habe dass zum Beispiel die Wirbelsäule verletzt ist und ich ihn lieber nicht bewegen möchte.
  • Kopfverletzung: „Der Helm kommt ab – immer!“ (übrigens auch bei Motorrad Fahrern).
  • „Was raus ist geht nicht wieder rein“ Priorität hat bei stark blutenden Wunden immer die Blutstillung
  • "Was drin steckt bleibt drin stecken" - Fremdkörper nicht entfernen - das macht der Notarzt bzw. das Krankenhaus!DSC 2118

Was noch hervorstach war der Fokus auf das TEAM: „Holt Euch Leute dazu, delegiert. Sagt klar, wenn ihr Ablösung braucht, wenn ihr in der aktuellen Situation nicht weiter wisst“ mahnten die Trainer. Besonders hoben diese die Position des „Kopfmanagers“ hervor. Das ist die Person, die am Kopf des Verunfallten bleibt und daher die beste Übersicht hat um die Anweisungen zu geben sowie eine wichtige psychologische Rolle übernimmt. Wie wichtig diese Betreuung ist wurde später durch das Feedback der „Verunfallten“ nochmal besonders deutlich.

Eine Veranstaltung die nachwirkt – auch am Tag drauf gab es in Telefongesprächen unter den Teilnehmern nur ein Thema, am Montag drauf wurde enthusiastisch den Kollegen davon erzählt. Schreie und (Kunst-) Blut haben geholfen das Gelernte in die Köpfe der Teilnehmer zu transportieren. Das ruft nach Wiederholung!

und hier geht es zur Webseite: www.ofa-academy.com. Wer mehr zu dem Kurs wissen möchte kann sich VFD intern bei Martina Gerndt (BzV Verden) melden.

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