Gifte in Gräsern durch Endophyten. Mit den Endophyten und ihren hochwirksamen Giften in Gräsern befasst sich ein ausführlicher Expertentipp von Dr. Renate Vanselow aus dem VFD-Arbeitskreis Umwelt. Endophyten und ihre hoch wirksamen Gifte in Gräsern lassen immer mehr Pferdehalter aufhorchen. Harmlose Vergiftungserscheinungen beim Pferd können dicke Beine und dünner Kot sein. Die Symptome sind so unterschiedlich, dass oft auch vom Tierarzt kein Zusammenhang erkannt wird. Da die individuelle Genetik entscheidet, wie gut das einzelne Tier mit dem jeweiligen Gift klar kommt, gibt es Tiere, die noch völlig gesund sind, während andere Herdenmitglieder schon massive Probleme haben. Je nach Gift und Empfindlichkeit des Tieres kann es zu Hufrehe oder Unfruchtbarkeit, zu Nervenstörungen oder Ödemen kommen. Giftgehalt und Giftzusammensetzung schwanken stark mit der Witterung, der Nutzung, der Nährstoffversorgung sowie mit Streßsituationen für die infizierten Gräser. Mehrjährige Übernutzung speziell bei Dürre stellt eine starke Selektion auf giftige Gräser dar. Permanent abgenagte "Grünflächen", die bestenfalls als "grüner Auslauf" zu bezeichnen sind, lassen endophytenfreien Gräsern kaum eine Chance. Schwere Vergiftungen können tödlich für das Pferd sein. Die beste Vorbeugung ist eine extensive Dauergrünland-Nutzung, bei der nicht aus Versehen auf die widerstandsfähigsten Exemplare selektiert wird, und in das kein fremdes Saatgut eingebracht wird.
Pflanzen leben häufig mit Mikroorganismen, meist Pilzen, zusammen. Leben diese Partner völlig unsichtbar im Inneren des Pflanzenkörpers, spricht man von Endophyten (endo: innen, phytos: Pflanze). Die Endophyten unserer Wildgräser reichen von Parasiten (zum Schaden des Grases) bis hin zu Symbionten (zu beider Nutzen). Wildgräser sind häufig infiziert. Jedoch ist das kein verlässlicher Hinweis auf eine Vergiftungsquelle, denn diese Endophyten sind keinesfalls alle in der Lage Gifte zu produzieren. Manche sind völlig harmlos für das Weidetier. Ohne Selektion auf die Härtesten und Giftigsten haben Gift produzierende Endophyten und ihre Wirtsgräser im vielfältigen Genpool der wilden Endophyten und der wilden Gräser keinerlei Vorteil. Zuchtgräser, die auf Resistenzen (Widerstand, z.B. gegen Insektenfraß) gezüchtet wurden, leben dagegen oft mit Pilzen zusammen, die klar als Symbiont bezeichnet werden können. Das Gras bietet dem Pilz ein geschütztes Leben, gut versorgt im Pflanzenkörper. Der Pilz arrangiert sich mit Substanzen, die dem Gras z.B. gegen Fraßfeinde (von der Heuschrecke bis zum Pferd), Dürre oder Nährstoffmangel helfen. Doch Vorsicht: Luxuriös viel Stickstoff lässt den Endophyten auch luxuriös viel stickstoffhaltiges Gift für das Gras bereit stellen, was zu schwersten Vergiftungen führen kann! Bei diesen Substanzen handelt es sich um hochgradig wirksame Gifte (teilweise im Bereich von Nanogramm pro Gramm), die bei Pferden zu teilweise tödlichen Vergiftungen geführt haben. Inzwischen sind bei 3 von 5 Giftstoffklassen, die von Grasendophyten gebildet werden können, schwere Vergiftungen bei Pferden bekannt geworden (bitte auf die hervorgehobenen Begriffe klicken):
  • Ergotalkaloide 
  • Lolitreme
  • Loline

Keine schweren Vergiftungen von Pferden wurden bisher für Azaindolizidine (Pyrrolopyrazine) und Janthitreme berichtet. Janthitreme wirken auf Weidetiere ähnlich den Lolitremen, aber deutlich schwächer.

Selbst verständlich können für die Vielzahl von Symptomen auch jeweils völlig andere Ursachen verantwortlich sein. Sogar Wirkstoffe in Medikamenten (Glukokortikoide, Phenylbutazon u.a.m.) können Hufrehe als Nebenwirkung auslösen. Übrigens wird der Wirkstoff Phenylbutazon (Schmerzmittel, Entzündungshemmer, Fiebersenker) in der Humanmedizin wegen der massiven Nebenwirkungen mit u.U. tödlichem Ausgang seit langem nur noch sehr eingeschränkt angewendet. Ob Gifte in Gräsern im Spiel sind, kann nur der Nachweis des Giftes sicher aufzeigen. Findet sich kein Labor, kann man auch einen indirekten Giftnachweis über Giftbindemittel zur Einengung der Ursachen durchführen Näheres dazu finden Sie hier.

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