Gedanken zur ganzjährigen beziehungsweise überwiegenden ganztägigen Weide IMG 3395 Silke DeheFoto: Silke DeheFreilandweidehaltung von Pferden unter Tierschutzgesichtspunkten.

Eine ganzjährige oder zumindest eine über einen längeren Zeitraum ganztägige Pferdehaltung auf einer Weide ist für die meisten Pferdehalter der Traum der arttypischsten Unterbringung von Pferden trotz Domestikation.

Damit dies aber auch richtig funktionieren kann, müssen sehr viele Voraussetzungen gegeben sein und unterschiedliche Gegebenheiten zusammenpassen.

Die höchsten Anforderungen werden an die Weideflächen gestellt.
Für die Größe muss man sich zunächst an zwei Parametern orientieren

  • wie viele Pferde werden auf der Fläche gehalten
  • dient die Fläche überwiegend auch der Fütterung oder wird zu gefüttert

Zur grundlegenden Orientierung kann man davon ausgehen, dass zur alleinigen Futterversorgung eines Pferdes, natürlich je nach Rasse und Größe, über Weidegang rund zwei Hektar pro Pferd zur Verfügung stehen müssten. Durch Zufütterung kann man die Fläche bis auf rd. 0,5 Hektar pro Pferd auf Standweiden reduzieren. Die Zufütterung ist natürlich auch von Bewuchs, Vegetationsperiode und Weideart (Stand-, Umtriebs- oder Portionsweide) abhängig. Bei den effizienterer Umtriebs- oder Portionsbeweidungen kann man die Flächen pro Pferd noch etwas kleiner gestalten.

Fläche, Weideart und Bewuchs müssen aber auch wiederum im Verhältnis zur Pferdegruppe stehen. Es hat keinen Sinn, kleine Robustrassen permanent auf einer großen Weide mit fetten Leistungsgräsern zu halten. In diesem Fall hat es durchaus Sinn, auf magere Grassorten umzusteigen und sich vor der Beweidung Gedanken zur richtigen Aussaat oder die Portionierung zu machen.

Ein zweites, sehr wichtiges Kriterium der Freilandweideflächen sind die Rückzugsmöglichkeiten in Form von Bauminseln, Wald oder Schutzhütten. Pferde haben kein Problem mit Regen, Wind oder Kälte, aber sehr wohl mit Regen und Wind und/oder Kälte. Daher werden sie in jedem Fall, wenn diese Kombination der Witterungseinflüsse zutrifft, zuggeschützte Rückzugsmöglichkeiten aufsuchen. Auch der zunehmende Druck durch Insekten treibt Pferde vorwiegend unter Tag in dunkle und geschützte Bereiche. Und Schattenplätze sind im Sommer auch bei Pferden beliebt. Einzelne Baumreihen oder halbhohe Sträucher erfüllen diesen Zweck eher unzureichend und sind mit einer nach mindestens zwei Seiten (auf alle Fälle zur Hauptwindrichtung hin i.d.R. Nord-Westrichtung) geschlossenen Weidehütte zu ergänzen. Dabei ist zu bedenken, dass diese Rückzugsmöglichkeiten Platz für alle Pferde der betreffenden Freilandweidehaltung haben muss. Es hat keinen Sinn, wenn zwei oder drei ranghohe Tiere den Innenraum für sich beanspruchen und die anderen Pferde keine Möglichkeit eines Schutzes haben. Wichtig ist ggf. auch, die Rückzugsbereiche zu befestigen, gerade wenn sie gut genutzt werden, kann hier eine Bodenverdichtung und -zerstörung den Wasserablauf stören und zu Matsch- und Morastbildung führen. In Zusammenhang mit Pferdedung und -harn sind dann Erkrankungen des Huf- oder Bewegungsapparates wahrscheinlich. Trockene Böden werden zum Ablegen ebenfalls bevorzugt.

Eine überwiegende Freilandweidehaltung setzt auf alle Fälle ausreichende, frostsichere, saubere, permanent funktionierende und jederzeit zugängliche Tränkemöglichkeiten voraus. Mit Tränkeeimern oder Maurerwannen ist das nicht zu gewährleisten.

Da in Deutschland die wenigsten Pferdehalter zwei Hektar pro Pferd zur Verfügung haben, ist eine sinnvolle Zufütterung mit Rau- und vor allen Dingen mit Mineralfutter, aber auch unter Leistungsaspekten mit Kraftfutter notwendig. Auch hier muss gesichert werden, dass auch die rangniederen Tiere die Möglichkeit zur ausreichenden Aufnahme des Zusatzfutters bekommen. Vernünftige Fütterungseinrichtungen (mit mindestens einem Fressplatz pro Tier) halten das Futter auch in der Vorlagezeit in einem einwandfreien hygienischen Zustand. Gerade in der vegetationsreichen Zeit ergänzt Stroh als energieärmeres aber strukturreicheres Futter den Speiseplan besser, in der vegetationsärmeren Zeit übernimmt gutes Heu die zusätzliche Versorgung mit Energie. Bodenproben und Blutanalysen helfen zusätzlich, einen sinnvollen Einsatz von Mineral- oder Ergänzungsfutter zu koordinieren. Wichtig ist auf alle Fälle, dass Weidefläche, Zusatzfutter und Futterbedarf der jeweiligen Rasse, aber auch der Nutzungsart des Pferdes in vernünftiger Relation stehen.

Ein ganz wichtiger Aspekt einer überwiegenden Weidehaltung ist auf alle Fälle die Weidepflege und die Weidehygiene. Der Halter muss wissen, welche überwiegenden Pflanzen- und Gräserarten auf seiner Weide vorkommen. Ungenießbare Kräuter und vor allen Dingen Giftpflanzen müssen erkannt und sofort beseitigt werden. Geschädigte Stellen brauchen Erholung und Nachsaat. Bereiche, die auf Grund ihrer für Pferde ungenießbaren oder nicht schmackhaften Pflanzen gemieden werden, müssen regelmäßig gemäht werden, um Ausbreitung bzw. Aussamung der Pflanzen zu verhindern. Im Idealfall ist hier durch Neueinsaat der Weidewert zu verbessern. Zur Weidepflege ist Mulchen am geeignetsten zumal bei guten Geräten das Schnittgut samt einem Großteil der Pferdeäpfel in einem Fangkorb aufgenommen und separat kompostiert werden kann. Damit wird auch der Parasitendruck deutlich verringert, was aber eine regelmäßige Kotprobe, sowie ggf. Entwurmung nicht überflüssig macht. Das tägliche Abmisten der Unterstände bzw. Schutzbereiche darf nicht entfallen.

Die korrekte Umzäunung ist das letzte wichtige Kapitel nicht nur einer überwiegenden oder ganzjährigen Freilandhaltung. Sie trifft auf jede Koppel, Auslauf oder Weide zu. Für die Einzäunung ist zunächst die Einstufung der Gefahrenklasse (siehe aid und Leitlinien zur Pferdehaltung)* wichtig. Sie regelt den Aufbau der Umzäunung in Bezug auf Abstand der Zaunpfähle und der Anzahl des querlaufenden Zaunmaterials. Viel Beachtung muss auf die Sichtbarkeit des Zauns gelegt werden. So gut weiße große Zaunbänder im Sommer sind, so unauffällig sind sie im Winter unter dem weißen Hintergrund des Schnees. Vernünftiges Zaunmaterial muss nicht nur für das Pferd gut sichtbar sein, sondern auch unter den Gesichtspunkten von Winddruck und Schneelast, aber auch von ggf. Leitfähigkeit und Sicherheit gewählt werden. Stacheldraht ist tierschutzwidrig, Wild- oder Schafzaun sind ungeeignet und reiner Glattdraht ist verletzungsintensiv. Mehrere und ggf. absperrbare Zugänge, am besten über ein Schleusensystem sind ideal. Stromzäune brauchen ein Niederhalten den Bewuchses und eine gute Erdung für eine permanent gute Funktion ebenso, wie eine kontinuierliche Kontrolle der Batterie und der Stromstärke.

Zusammenfassend:

Überwiegende oder ganzjährige Freilandweidehaltung ist ideal, wenn

  • genügende Flächen vorhanden sind.
  • ein effizienter Schutz vor schädlichen Witterungseinflüssen und Insekten mit ausreichenden trockenen Steh- bzw. Liegeplätzen vorhanden ist.
  • geeignete Einzäunungen zur Verfügung stehen.
  • die Pferde die angebotene Futtermenge und die Gräserarten gut vertragen können, ggf. eine sinnvolle Zufütterung gewährleistet wird.
  • ausgleichendes Mineralfutter und permanenter Zugang zu Trinkwasser zur Verfügung steht
  • die Weide in einem gepflegten und hygienisch einwandfreiem Zustand gehalten wird
  • der Gesundheitszustand des Pferdes diese Haltungsart zulässt
  • vor allen Dingen eine permanente mindestens tägliche Kontrolle des Gesundheits- und Futterzustandes der Pferde, der Einzäunung, des Trinkwassers, der Weide und der Unterstände erfolgt.

Nähere Informationen erhalten Sie über:

*aid = amtlicher Informationsdienst Landwirtschaft und der Broschüre

"Leitlinien zur Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten" des

Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Verbraucherschutz (www.bmelv.de)

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