Der Bundesrat hat die von der Bundesregierung geplante Novelle des Tierschutzgesetztes geprüft und in seiner Sitzung am 5. Juli 2024 eine Stellungnahme zu dem Vorhaben abgegeben.
Ziel: Tierschutz in Deutschland stärken - Mit dem Gesetzentwurf möchte die Bundesregierung Rechts- und Vollzugslücken im Bereich des Tierschutzes schließen und die bestehenden Regelungen an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse anpassen. Ziel sei es, den Tierschutz bei der Haltung und Nutzung von Tieren umfassend zu stärken.
Als Nächstes befasst sich die Bundesregierung mit der Stellungnahme des Bundesrates. Sie leitet im Anschluss den Gesetzentwurf zusammen mit ihrer Antwort auf die Stellungnahme des Bundesrates an den Bundestag weiter. Verabschiedet dieser das Gesetz, wird es der Bundesrat abschließend beraten. Vollständiger Beschluss TOP 21 und Videostream hier
Entwurf für neues Tierschutzgesetz weiterhin unzureichend – Nach Kabinettsbeschluss Nachbesserungen nötig
Berlin, 24.05.2024. Nachdem am Mittwoch die Novelle des Tierschutzgesetzes von der Tagesordnung des Bundeskabinetts abgesetzt wurde, ist die Regierung dem Vernehmen nach nun kurzfristig doch zu einer Einigung gekommen. Damit wäre der Weg jetzt frei für das parlamentarische Verfahren.
Tierschutz hat in Deutschland seit mittlerweile über 20 Jahren Verfassungsrang, festgeschrieben in Artikel 20a des Grundgesetzes. Die letzte größere Novelle des Gesetzes aus dem Jahr 1972 ist im Jahr 2013 erfolgt, hat in der Praxis jedoch wenig verbessert. Deshalb soll das Tierschutzgesetz novelliert werden. Der Gesetzentwurf war daher bereits im Koalitionsvertrag (2021) angekündigt worden und sollte deutliche Verbesserungen gegenüber dem Status Quo bringen. Auch wenn es auf die letzten Meter noch einzelne Nachverhandlungen gegeben hat, ist die aktuelle Version aus Sicht des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR) jedoch bei weitem nicht ausreichend, um das seit 20 Jahren im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz umzusetzen und die massiven Probleme im Tierschutz anzugehen.
2002 wurde das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz verankert. Wir erwarten, dass die Abgeordneten des deutschen Bundestags das Staatsziel Tierschutz ernst nehmen und das Gesetz nachbessern, um nicht weiter Willkür und wirtschaftliche Interessen über das Wohl von Tieren in Deutschland sicherzustellen.
Pferde leiden stumm und haben keine Stimme. Die VFD mahnt an: Wissentlich und unwissentlich werden Pferden andauernd oder wiederkehrend vermeidbare Leiden und Schmerzen zugefügt. Nur einige wenige tierschutzrelevante Fälle kommen an die Öffentlichkeit.
Pferde sind nicht wie bereits andere Nutztierarten in der Tierschutz-Nutztierhaltungverordnung berücksichtigt. 2020 begrüßte die VFD daher die überarbeiteten „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“. In einer gut dreijährigen Überarbeitungszeit wurden die bestehenden Leitlinien aus dem Jahr 1992 an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst und vielen unserer langjährigen Forderungen Rechnung getragen.
„Die Mindeststandards der BMEL-Pferdesportleitlinie bieten eine wichtige Orientierungs- und Beurteilungshilfe, welche Anforderungen für Umgang, Haltung, Training und jegliche Nutzung von Pferden unter den Aspekten des Tierschutzes zu stellen sind. Diese gilt es nun weitreichend bekannt zu machen und in die Umsetzung zu bringen.“ schrieben wir 2020.
Die Leitlinien des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten wurden 1995 erstmalig und 2009 nach einer ersten Überarbeitung veröffentlicht. Der Arbeitskreis Pferde der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) hielt eine Überarbeitung der Leitlinien zur Pferdehaltung für erforderlich, da sie nur noch ungenügend den gesellschaftlichen Tierwohlkriterien sowie dem aktuellen wissenschaftlichen Anspruch an eine tierschutzgerechte Pferdehaltung entsprechen.
Doch auch wenn beide Leitlinien (2009/2020) bereits lange existieren, ist deren Inhalt bei einem großen Teil der Halter und Reiter der mehr als eine Millionen Pferde in Deutschland noch nicht angekommen. Die überarbeiteten Leitlinien gelten zwar seit 2020 als Mindestanforderung für den Tierschutz im Pferdesport, als Anhaltspunkt für amtstierärztliches Vorgehen und als antizipatorisches Gutachten vor Gericht, aber es sind Leit- und keine gesetzlichen Richtlinien.
Eine flächendeckende Umsetzung der Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport wäre daher wichtig. Klare Regelungen auch in „Grauzonen“ sind dabei weiterhin dringend nötig. Denn viele Handlungen (Rollkur, enge Sperrhalfter, keine freie Bewegung) gelten als tierschutzwidrig sind aber nicht explizit verboten und daher gelebte Praxis.
Verstörende Bilder in den Medien führen seit Jahren zu Protesten von Pferdefreunden und befeuern zudem die Forderungen von Tierrechtsorganisationen, den Pferdesport wegen Tierquälerei völlig zu verbieten. Auch 2024 werfen Tierschutzvorfälle und Gerichtsurteile Schlaglichter auf eklatante Defizite bei der Kontrolle und Ahndung von Tierschutzverstößen. Wir fordern von der Bundesregierung Maßnahmen, unter anderem im Rahmen der Novellierung des Tierschutzgesetzes, um das Leid der Tiere zu mindern und zukünftige Verstöße zu verhindern.
Quellen:
Bundesrat Sitzung am 05.07.2024
Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes
Artikel Leitlinien Pferdesport
Leitlinien zu Umgang mit und Nutzung von Pferden unter Tierschutzgesichtspunkten